14.11.2023 | #Anzahl Brandschutz- Evakuierungshelfer

  Brandschutzhelfer – und wenn ja, wie viele? 

Was tun, in Zeiten vom Home Office und mobilem Arbeiten

Unternehmen stehen heute vor einem kleinen Dilemma, den Brandschutz betreffend. Der Grund dafür ist einfach: Immer mehr Mitarbeiter befinden sich seit der Hochzeit der Corona-Pandemie im Home Office. Daher haben viele Betriebe oftmals nicht mehr ausreichend Brandschutzhelfer in der Betriebsstätte. Aber wie viele sind denn überhaupt erforderlich? Ein Überblick.

Vor der Corona-Pandemie waren bei den meisten Unternehmen und vereinzelt Mitarbeiter im Home Office. Doch seit dieser Zeit hat sich einiges verändert. Dank der vermehrten Nutzung und der eingetretenen Umstellung innerhalb der Unternehmen auf digitale Infrastrukturen in den Arbeitsabläufen, wird Arbeit heute vermehrt virtuell bewältigt. Dies hat natürlich auch Auswirkungen auf den betrieblichen und organisatorischen Brandschutz. 

In den meisten Unternehmen spielen Brandschutz- und/oder Evakuierungshelfer eine zentrale Rolle innerhalb der betrieblichen Sicherheitsarchitektur. Doch wegen des steigenden Anteils der mobilen Arbeit, stehen immer mehr dieser Beschäftigten den Unternehmen im Brand- oder Schadensfall nicht mehr am Betriebsstandort zur Verfügung und können somit den ihnen zugewiesenen Aufgaben nicht nachkommen. Doch welche (rechtlichen) Vorgaben gibt es denn dazu?

Arbeitsschutzgesetz, DGUV, ASR & Co.

Wer versucht, die rechtlichen Grundlagen dieser Vorschriften zu erforschen, der landet meist zuerst im § 10 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG). Die dort getroffenen Aussagen sind aber sehr allgemein gehalten. Es wird dort die grundsätzliche Verpflichtung der Arbeitgeber festgehalten, Beschäftigte in ausreichender Zahl zu benennen, auszubilden und vorzuhalten, welche zur Ersten Hilfe, Brandbekämpfung und -verhinderung und Evakuierung benötigt werden. Diese Zahl soll laut Gesetz “entsprechend den betrieblichen Erfordernissen und Gefährdungslagen festgelegt werden”.  Eine ähnliche, wenn auch nicht weiter ausführlichere Formulierung findet sich in der DGUV Vorschrift 1 im § 22. 

Konkret wird es erst in der Technischen Regel für Arbeitsstätten ASR 2.2 “Maßnahmen gegen Brände” sowie in der DGUV Information 205-023 “Brandschutzhelfer – Ausbildung und Befähigung”. Hier erfährt der geneigte Leser erstmals konkrete Zahlen. Demnach sind, bei dort sogenannter “normaler Brandgefährdung” (z.B. Büronutzung), nach ASR 2.2 i.d.R. 5 Prozent der anwesenden Beschäftigten im Unternehmen als Brandschutzhelfer ausgebildet sein sollen. Es gilt allerdings auch die Bestimmung, dass bei dieser Zahl die Abwesenheit von Personen wegen Urlaubs, Krankheit und sonstiger betrieblicher Gründe (z.B. Schichtarbeit) zu berücksichtigen sind. Damit ist, ähnlich wie bei der Bestellung von Ersthelfern, ab dem ersten Beschäftigten die Benennung eines Brandschutzhelfers zu überprüfen. Die Gefährdungsbeurteilungen kommen in den meisten Fällen auf eine Mindestanzahl von zwei Personen vor dem Hintergrund der oben genannten Aspekte. Abweichend davon muss die Mindestanzahl bei Mehrschichtarbeit oder weit ausgedehnten Arbeitsstätten (z.B. mehrere Gebäude) neu betrachtet werden. Bei erhöhter Brandgefährdung nach ASR 2.2 (z.B. brennbare Materialien gelagert, produzierendes Gewerbe etc.) ist die Zahl bei Bedarf zu erhöhen. 

Die genauen Anforderungen sind in der Gefährdungsbeurteilung nach den §§ 5, 6 ArbSchG zu untersuchen und diese ist im einzelnen abhängig von folgenden Gegebenheiten innerhalb des Unternehmens: 

  • Sind (selbsttätige) Feuerlöschanlagen vorhanden, welche frühzeitig einen Brand in der Entstehungsphase bekämpfen (z.B. Aerosol-Löschanlagen, Gaslöschanlagen)?
  • Erfolgt die Branderkennung und -meldung durch Brandmeldeanlagen, oder (nur) durch anwesende Personen auf dem “klassischen” Weg?
  • Wie ist die Ausdehnung und Beschaffenheit des Gebäudes (ein- oder mehrgeschossig, Übersichtlichkeit)?
  • Wie viele Personen befinden sich innerhalb der Gebäude und um welche Personen handelt es sich dabei primär (ortskundig/ortsunkundig, Mobilität d. Personen, Einschränkungen z.B. des Hör- und/oder Sehvermögens)?

Konkrete Zahlen

Bisher hat der Gesetz- bzw. Regelgeber keine konkreten Angaben zur Erhöhung der Zahlen von Brandschutzhelfern in den Unternehmen in Bezug auf die Home Office-Thematik herausgegeben. Aktuell bleibt dies den Unternehmen selbst überlassen. Es lässt sich lediglich sagen, dass Unternehmen angehalten sind, eine ausreichende Quote an Brandschutz- und Ersthelfern vor Ort vorzuhalten, um der vermehrten Abwesenheit wegen Remote-Arbeit entgegenzuwirken. Allerdings reicht eine pauschale Erhöhung oder Verdoppelung der Anzahl nicht aus. Die gleichzeitige Abwesenheit aller ausgebildeten Personen muss ausgeschlossen werden. Das Unternehmen sollte daher ein betriebsspezifisches Konzept erarbeiten, welches den betrieblichen Anforderungen genügt und so sicherstellt, dass die Mindestanzahl der geforderten Helfer vor Ort ist. Denkbar sind dabei bewährte Mittel der betrieblichen Organisation – Schicht- bzw. Dienstpläne, Regelungen zur mobilen Arbeit etc. Denkbar ist auch der Einsatz von elektronischen Ab- bzw. Anwesenheitstools, wie sie bei der Urlaubsplanung oftmals zum Einsatz kommen. Eine Ausnahme ist der unwahrscheinliche Fall, dass ein Unternehmen nahezu alle Beschäftigten in die Heimarbeit schickt. Dann muss auch niemand den Aufgaben der Not- und Gefahrenhilfe vor Ort nachkommen – für Heimarbeit zu Hause gelten diese Regeln nicht.

Fazit

Durch die aktuelle Lage sollten Unternehmen ihre Regeln und Festlegungen zur Mindestzahl von Brandschutz- und Ersthelfern auf den Prüfstand stellen. Denn die Regeln sind eindeutig: Der Unternehmer steht in der Verantwortung, die geforderte Mindestzahl an Brandschutz- und Ersthelfern im Betrieb sicherzustellen. Das ist keine wirkliche Neuheit, jedoch sind die meisten Unternehmen gut beraten, bei der Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung oder deren Evaluation zukünftig das Thema Remote-Arbeit und die damit verbundene Verfügbarkeit der Helfer zu berücksichtigen. Eine einfache Erhöhung der Zahl führt nicht in jedem Fall zum Erfolg. Ebenso kann man feststellen, dass der Gesetzgeber den Unternehmen hier zwar Spielräume lässt, aber bis jetzt keine konkreten Hinweise als Hilfestellung liefert.

AUTOR

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Clemens Schindler

B.A. Redaktion (V.i.s.d.P.)

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